20 July 2011

Das Erbe will sie nicht antreten

bollywood
Bollywood lässt grüßen. Foto: copyright Tanja Maria Ernst, courtesy Amrei Heyne
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Stuttgart - Sie hat es jahrelang geheim gehalten. Ihren Lehrern an der Kunstakademie hat sie nichts verraten, auch nicht ihren Kommilitonen. "Bis vor fünf Jahren wusste niemand davon, außer ein paar enge Freundinnen. Tanja Maria Ernst studierte an der Stuttgarter Kunstakademie und dass sie dabei ausgerechnet einen Bogen um die Malklasse machte, hing mit dieser Verschwiegenheit zusammen.

Die 40-Jährige ist die Großnichte von Max Ernst, einem der bedeutendsten deutschen Maler des vergangenen Jahrhunderts. Seine "Heilige Cäcilie", entstanden 1923, ist in der Staatsgalerie zu sehen, just also in der Heimatstadt von Tanja Maria Ernst, die schließlich nach einigen Umwegen das wurde, was sie zunächst nicht werden wollte: Malerin. Derzeit sind fünf ihrer Gemälde im Buchhaus Wittwer zu sehen, sie stammen aus dem Zyklus "Unschuld in Eden" und zeigen Motive aus der Traumfabrik Bollywood, unter anderen den indischen Superstar Shahrukh Khan. Die Ausstellung wirbt für das achte Filmfestival "Bollywood and beyond", das am Mittwoch in Stuttgart anläuft.

Tanja Maria Ernst erzählt im Café des Kunstmuseums von Indien und ihrer Familiengeschichte, in der die Kunst immer eine wichtige Rolle spielte. Ihr Großvater, ein Vetter von Max Ernst, arbeitete zwar in der Werbung, doch seine Leidenschaft galt der Malerei. Tanja Maria Ernst erinnert sich noch genau, wie sie als Mädchen ihren Großvater erlebte, der in seiner Freizeit Alte Meister kopierte. "In der Familie wurde wenig über Max Ernst gesprochen", erzählt seine Großnichte. Aber keiner wagte es, selbst den Schritt in die Malerei zu gehen. "Besser als Max geht nicht", lautete das geflügelte Wort in der Familie.

Sie suchte nach ihrem eigenen Weg

Auch Tanja Maria Ernst arbeitete sich am großen Namen ab, dessen Schatten sie so sehr fürchtete, dass sie ihn an der Kunstakademie nicht verriet. Sie studierte Bühnenbild, arbeitete im Fränkischen als Goldschmiedin, bevor sie dem folgte, was sie eigentlich schon immer wollte: der Malerei. "Ich habe mich lange genug davor gedrückt", erzählt sie rückblickend.

Sie suchte nach ihrem eigenen Weg als Künstlerin und beschäftigte sich zunächst mit dem Thema Heimat. Im Alltag stand sie vor den Problemen, die vielen jungen Künstlern den Start erschweren: Wie finde ich Ausstellungsräume und Menschen, die für meine Kunst bezahlen? In den ersten Jahren arbeitete Tanja Maria Ernst nebenbei. "Nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern auch weil ich der Isolation meines Ateliers entkommen wollte."

Wer in der Kunstszene Erfolg haben will, muss entdeckt werden. Für Ernst kam dieser Moment, als sie von der Stuttgarter Galeristin Amrei Heyne angesprochen wurde. Seitdem macht sich die Großnichte von Max Ernst auf, eigene Spuren in der Kunstwelt zu hinterlassen.

"Das Kino in Farbe, das Leben in Schwarz-Weiß"

Diese führen unter anderem nach Bollywood. "Die Farbigkeit der indischen Kinofilme hat mich fasziniert", erzählt die Malerin, die selbst noch nie auf dem Subkontinent war. Eines Tages sah sie sich einen Bollywoodfilm an und drückte die Stand-by-Taste, um diesen zu unterbrechen. Als sie sich das Standbild des Films ansah, erkannte sie "ein vollständiges Gemälde". Dieser Moment war ein Ausgangspunkt für ihre künstlerische Auseinandersetzung mit Bollywood, die schließlich in einer zwölfteiligen eigenen Arbeit zu diesem Thema mündete. "Indien", erzählt die Malerin, "hat mich auf eine kuriose Weise süchtig gemacht. Wenn man sich länger damit beschäftigt, läuft das Kino in Farbe und das Leben in Schwarz-Weiß."

Als Künstlerin hat sie sich nach ihrer Bollywoodreihe anderen Themen zugewendet - vor allem dem Verhältnis von Mensch und Natur, um das es in ihrer nächsten Ausstellung geht. Dem Bollywoodfestival bleibt sie dennoch verbunden, sind indische Filme für sie doch eine Entdeckungsreise in ihr eigenes Inneres: "Als Zuschauer wird man im Laufe eines Films durch verschiedene emotionale Zustände geführt."

Das Bollywoodfestival läuft vom 20. bis zum 24. Juli.

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